1907-1945: Der Beginn einer langen Vereinstradition

Der Märkische Seglerverein Beetzsee e.V. blickt im Jahre 2002 auf eine 95jährige Vereinsgeschichte zurück.Segelbegeisterte Brandenburger gründeten am 12.04.1907, also noch zu Kaiser's Zeiten, den alten Märkischen Seglerverein e.V.

Die Ansiedlung erfolgte am südwestlichsten Punkt des heutigen Großen Beetzsees, unmittelbar zwischen der östlichen Einfahrt in den von 1907 bis 1910 erbauten Silokanal und dem Gelände einer Düngemittelfabrik, die in der Gemarkung Massowburg errichtet wurde und ihren Betrieb in der Weltwirtschaftskrise der frühen 30er Jahre des vorigen Jahrhunderts einstellen musste. Später, während des 2. Weltkrieges, diente dieses Fabrikgelände als Wehrmachtslager.

Unser Sportfreund Erhard Schleuß, dessen Vater Erich Schleuß langjährig als Kassenwart im MSV-Vorstand tätig war, hat uns eine Chronik hinterlassen. Aus dieser geht hervor, dass mittelständische Gewerbetreibende und Arbeitnehmer Mitglieder und Träger des Vereins waren, z.B. Fritz Mette (Werftbesitzer), Max Siegert (Werkmeister bei Fa. Wiederholz), Franz Wurgt (Korbmachermeister), Otto Gartz (Sparkassendirektor), Paul Mögling (Meister bei Brennabor), Rudolf Dippner (Juwelier) und andere. Aus der Reihe der Vereinsvorsitzenden sind uns lediglich G. Blumenthal (Eisenbahn-Oberingenieur) und Richard Schöne (Mitarbeiter im Elektrizitätswerk), der auch Eigner des legendären 30 qm-Kielkreuzers "Hevella" war, bekannt. Die Zahl der Mitglieder betrug etwa 50-60. Der MSV trat am 22.08.1912 mit dem noch heute von uns geführten Stander als Bundesverein dem Deutschen Seglerbund bei. Dieser wurde 1934 in den Deutschen Wassersportverband übergeleitet.Auf dem Vereinsgelände entstand nach und nach ein kleiner Seglerhafen mit zwei Stegen, einer Slip-Anlage und einem Bootsschuppen aus Holz in Bretterstulpverschalung, der 1911 eingeweiht wurde. Dieser wurde 1937 an seiner Nordseite um etwa 15 m verlängert.

Einen Straßenanschluß hatte das Vereinsgelände nicht. Der Zugang erfolgte über den Treidelweg am Kanal entlang. Am Ende dieses Treidelweges, wo sich heute die Durchfahrt zum Großen Beetzsee befindet, war ein schmaler, flacher Kahn-Durchstich. Dahinter begann die sogenannte Bollmann-Insel, an deren Ostende ein Denkmal zur Silokanal-Eröffnung stand.

Auf dem Beetzsee herrschte damals, wie auch anderswo, die "Stille der Natur". Die Segler nutzten entweder die Windkraft oder die Handkraft (Ruder, Paddel, Staken). Bootsmotore, insbesondere solche, auf die man sich verlassen konnte, kamen erst später auf. Das Fahrtensegeln wurde demzufolge überwiegend als Tagestour betrieben. Übernachtungen auf den Booten waren selten und wohl teilweise auch unbequem.

Diese Umstände sowie das damals sehr zeit- und kraftaufwendige Mastlegen und -stellen an Brücken und Hindernissen schränkten den Aktionsradius der Segler vorerst ein. Fernfahrten, wie sie heute selbstverständlich sind, waren damals eine Besonderheit.

Anfangs wurden überwiegend Holzboote mit Gaffeltakelung, Baumwollsegel und teilweise segeltuchbespanntem Deck gefahren. Als "Rennzicken" wurden die 10 qm- und 15 qm-Rennjollen bezeichnet, die schnell und wendig waren und mit denen man bei Regatten Preise errang. 20 qm-Holzjollenkreuzer, teilweise von Siegert und Drewitz gezeichnet, kamen erst Anfang der 30er Jahre des vorigen Jahrhunderts im Verein auf, der erste Stahl- 20er noch später. Eine Besonderheit bildete für damalige Verhältnisse der von Max Siegert gezeichnete und gebaut 30 qm Kielkreuzer "Hevella" aus verzinktem Stahlblech und mit eingebautem Zweizylinder-Zweitakt-Motor.Die Umgangsformen der Vereinsmitglieder untereinander entsprachen dem Stil der damaligen Zeit.Während des Segelns und im geselligen Vereinsleben wurde Bekleidung im "Marinestil" getragen. Die Farben weiß und blau dominierten bei Männern, Frauen und Kindern. Seglermütze, weißes Hemd und "etwas um den Hals" galten als normal. Segeln in Badebekleidung oder gar nackt, hätte als total unüblich gegolten.

Diese Yachtgebräuche lockerten sich in den 30er Jahren im Zuge der von den Nationalsozialisten, auch im sportlichen Bereich, betriebenen Gleichschaltungspolitik. Diese wurde von den meisten Vereinsmitgliedern kritisch beurteilt bzw. hingenommen, ohne Aussicht auf Veränderung.Während des 2. Weltkrieges waren viele Vereinsmitglieder zum Dienst an der Front eingezogen. Auch der Segelsport kam, wie viele andere gesellschaftliche Aktivitäten, zum Erliegen. Zwar wurde regelmäßig abgeslipt, um dem Austrocknen der Holzboote und der erhöhten Brandgefahr im Bootsschuppen entgegenzuwirken, aber bei Fliegeralarm und gelegentlichen Luftangriffen machte das Segeln auch keinen Spaß.

Als in den letzten Apriltagen des Jahres 1945 der 2. Weltkrieg in seine Endphase trat, die Rote Armee auch von Norden her auf die Stadt Brandenburg vorrückte, wurde der Silokanal nach Sprengung aller Brücken durch die Wehrmacht zu einer umkämpften Frontlinie.

Die im Schuppen des MSV liegenden Segelboote sollten auf Befehl der Wehrmacht unbrauchbar gemacht werden, damit sie von der Roten Armee nicht zum Übersetzen auf die andere Kanalseite hätten genutzt werden können. Es gelang, die sofortige Zerstörung der Boote dadurch zu verhindern, dass sie unverzüglich abgeslipt und von Vereinsmitgliedern über den Kleinen Beetzsee in Mühlenfließe und andere Bootshäfen gebracht bzw. vorsorglich selbst versenkt wurden.

Nachdem die etwa eine Woche andauernden Kampfhandlungen in Brandenburg vorbei waren, stellt sich heraus, dass der Bootsschuppen des MSV diese überstanden hatte, der größte Teil des über oder unter Wasser liegenden Bootsbestandes jedoch durch Splitter- und Geschosseinwirkungen stark zerstört bzw. entwendet worden war. In einer letzten, durch Mundpropaganda, einberufenen Versammlung einiger MSV-Mitglieder (Versammlungen waren damals noch verboten) wurde im September 1945 beschlossen, die noch brauchbaren Bootskörper zu bergen und aufzuslippen.

Es dauerte Monate und Jahre, bis nach den Ereignissen des Jahres 1945 wieder neue Voraussetzungen für das Segeln auf dem Beetzsee im Vereinsmaßstab geschaffen wurden.